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Das mit Balustraden versehene Stiegenhaus ist ebenso verfallen, wie der Festsaal über der ovalen Torhalle und die übrigen ehemaligen Repräsentationsräume im ersten Stock. Alles noch Brauchbare wurde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg entwendet oder mutwillig zerstört. Vor der Ostseite des Schlosses liegt die überraschend große, dreischiffige Schlosskapelle mit ihrem romanischen Turm. Er weist typische Doppelrundbogenfenster mit Würfelkapitelen auf. Im spätgotischen Chor haben sich Reste eines bemalten Sakramentshäuschen erhalten. Die einst im Kapellenschiff zahlreich vorhandenen Wappengrabsteine der Pottendorfer und Zinzendorfer aus rotem Marmor wurden – sofern sie nicht bereits zuvor zerstört worden waren – vom Bundesdenkmalamt in Sicherheit gebracht. Die innen und außen angebrachten Fresken vom Ende des 15. Jh. (Christophorus, Ölberg, Pieta, Kreuzigung) sind kaum mehr erkennbar. Schloss und Kapelle sind von einem verwilderten, ca. 21 ha großen Park umgeben. Er wurde zu Beginn des 19. Jh. als Landschaftsgarten angelegt, geht aber auf eine barocke Gartenanlage zurück, die um 1750 fertiggestellt wurde. Die Umfassungsmauern des Parks sind zum Teil erhalten. Im Nordwesten bildet ein von Bäumen flankierter Wassergraben die Begrenzung der Anlage. | Das mit Balustraden versehene Stiegenhaus ist ebenso verfallen, wie der Festsaal über der ovalen Torhalle und die übrigen ehemaligen Repräsentationsräume im ersten Stock. Alles noch Brauchbare wurde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg entwendet oder mutwillig zerstört. Vor der Ostseite des Schlosses liegt die überraschend große, dreischiffige Schlosskapelle mit ihrem romanischen Turm. Er weist typische Doppelrundbogenfenster mit Würfelkapitelen auf. Im spätgotischen Chor haben sich Reste eines bemalten Sakramentshäuschen erhalten. Die einst im Kapellenschiff zahlreich vorhandenen Wappengrabsteine der Pottendorfer und Zinzendorfer aus rotem Marmor wurden – sofern sie nicht bereits zuvor zerstört worden waren – vom Bundesdenkmalamt in Sicherheit gebracht. Die innen und außen angebrachten Fresken vom Ende des 15. Jh. (Christophorus, Ölberg, Pieta, Kreuzigung) sind kaum mehr erkennbar. Schloss und Kapelle sind von einem verwilderten, ca. 21 ha großen Park umgeben. Er wurde zu Beginn des 19. Jh. als Landschaftsgarten angelegt, geht aber auf eine barocke Gartenanlage zurück, die um 1750 fertiggestellt wurde. Die Umfassungsmauern des Parks sind zum Teil erhalten. Im Nordwesten bildet ein von Bäumen flankierter Wassergraben die Begrenzung der Anlage. | ||
+ | [[Bild:Pottendorf7.jpg|thumb|300px|Fresco von Schloß Pottendorf im Schloß Edelstetten]] | ||
Lage: Niederösterreich/Steinfeld – ca. 15 km nordöstlich von Wiener Neustadt am Rande des gleichnamigen Ortes | Lage: Niederösterreich/Steinfeld – ca. 15 km nordöstlich von Wiener Neustadt am Rande des gleichnamigen Ortes | ||
Besichtigung: Da die Wassergräben, die die Ruine umgeben, keine Brücken mehr aufweisen, ist die günstigste Zeit für eine Besichtigung der Winter, wenn die Gräben zugefroren sind. | Besichtigung: Da die Wassergräben, die die Ruine umgeben, keine Brücken mehr aufweisen, ist die günstigste Zeit für eine Besichtigung der Winter, wenn die Gräben zugefroren sind. |
Version vom 15. Dezember 2009, 12:07 Uhr
Geschichte
Mit Rudolf von Pottendorf scheint die Burg um 1130 erstmals urkundlich auf. Ihre Erbauung dürfte wenige Jahre zuvor erfolgt sein. In den 60er Jahren des 13. Jh. war sie im Besitz der resoluten Euphemia von Pottendorf, die nicht nur mit dem Stift Zwettl im Dauerstreit lag, weil dieses die Beisetzung ihres Vaters in der Familiengruft verweigerte, sondern auch den Verwalter des Bischofs von Freising in Hernstein vertrieb, da sie glaubte, darauf Anspruch zu haben. Bedeutendster Vertreter der Pottendorfer war aber Georg, der das Erbmundschenkamt innehatte und Landmarschall in Niederösterreich war. Auf ihrer Stammburg saßen die Pottendorfer nur bis in das vierte Viertel des 13. Jh. 1290 erwarb Ulrich von Capell die Herrschaft von König Rudolf. 1478 wurde die romanische Burgkapelle um ein Langschiff erweitert. Gegen Ende des 15. Jh. war die Burg landesfürstlich geworden. 1490 eroberten die Ungarn unter König Matthias Corvinus Pottendorf. Nach Abzug der Ungarn kam es wieder in kaiserlichen Besitz. Die Zinzendorfer, die zuvor als Pfleger tätig waren, besaßen die Burg von 1517 bis 1606. Ihnen folgten die Königsberger bis 1635 und dann die Ungarschütz.
1665 erwarb der ungarische Magnat und Kaiserliche Rat Graf Franz Nadasdy die Herrschaft. Er ließ in der Burg neben einer Plattnerwerkstatt auch eine Druckerei einrichten, die in den Jahren 1666 bis 1668 vom Buchdrucker Hieronymus Verdussen aus Antwerpen betrieben wurde. Nadasdy konnte sich seines Besitzes jedoch nicht lange erfreuen, da er neben den Grafen Zriny und Frangipani einer der führenden Köpfe der „Magnatenverschwörung“ gegen Kaiser Leopold I war. Ihr Ziel war die Loslösung Ungarns aus dem Verband der habsburgischen Länder. Graf Ursenbeck zog im Auftrag des Kaisers 1670 mit zweihundert Dragonern nach Pottendorf, um den Verräter nach Wien zu bringen. Nadasdy wurde in einem Versteck der Pottendorfer Burg gefunden, verhaftet und am 30. April 1671 in der Bürgerstube des alten Wiener Rathauses enthauptet. Sein Vermögen wurde eingezogen und die Herrschaft wieder von Pflegern verwaltet. 1676 war in der Burg der Kölner Domherr Wilhelm Egon von Fürstenberg wegen seiner Versuche, den Frieden von Nymwegen zu verhindern, inhaftiert. Den Türkeneinfall von 1683 überstand Pottendorf auf Grund eines Schutzbriefes relativ gut. In der Burg bezog ein türkischer Aga mit 20 Mann Quartier.
Nach dem Ende der Belagerung Wiens zogen sie wieder ab, ohne größere Schäden zu hinterlassen. Mit der Vertreibung der Türken verloren die Burgen an der Leithagrenze weitgehend ihre militärische Bedeutung. Man konnte daher auf den weiteren Ausbau der Verteidigungseinrichtungen verzichten und die Burgen in wohnliche Schlösser verwandeln. In Pottendorf übernahm Gundacker Thomas Graf Starhemberg diese Aufgabe, der die Herrschaft 1702 pfandweise erworben hatte. Lukas von Hildebrand oder Franz Anton Pilgram wurde 1737 mit dem Umbau und der Erweiterung der Anlage im Barockstil beauftragt. Im Jahr 1802 ging Pottendorf an Nikolaus Fürst Esterhazy über. Auch heute noch gehört das Schlossareal seiner Familie. Im Zweiten Weltkrieg diente Schloss Pottendorf als Lazarett. 1945 wurde das Gebäude durch Bombentreffer teilweise zerstört. Seit damals kümmert sich niemand mehr um die Schlossruine. Es ist eine Schande, dass seit nahezu sechzig Jahren weder der Eigentümer noch örtliche Stellen den Versuch unternommen haben, das Gebäude zu sichern und den Verfall dieses für Österreich wichtigen Kulturgutes zu stoppen.
Die Wasserburg liegt am Westrand des gleichnamigen Ortes, umgeben von einem großen englischen Park. Von außerhalb sind nur die Dächer der Türme sichtbar. Das Schloss ist ein dreigeschossiger, vierflügeliger Bau mit verputzten Barockfassaden um einen rechteckigen Hof. Die Ostseite des Gebäudes wird von zwei mächtigen Buckelquader-Türmen überragt. Ihre starken Mauern werden kaum von Öffnungen durchbrochen. Lediglich ihre Dachzonen sind stärker gegliedert. Auf Konsolen ruhen diagonal vortretende Erker. Sie wurden um 1490 aus Ziegeln aufgemauert. Zwischen ihnen sind die Kanonenscharten des obersten Geschosses sichtbar. Die beiden Türme, die wohl im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts entstanden sein dürften, sollten den alten Eingang, der neben dem südöstlichen Turm liegt und die Kapelle decken. Ein dritter Turm steht in der Mitte der Westfront. Er war der Fassade ursprünglich vorgebaut, doch wurden die beiden anschließenden Zwinger 1737 überbaut, so dass nun die Vorderseite des Turmes bündig mit der neuen Fassade des Schlosses abschließt. Auf die gleiche Art wurde das Gebäude auch nach Norden erweitert. Im Grundriss ist die starke Umfassungsmauer der ältesten Burganlage noch deutlich erkennbar. Das schwere rundbogige Steinportal an der Südfassade ist mit einem Esterhazy-Wappen geschmückt. Das Wohngebäude ist völlig ruinös.
Das mit Balustraden versehene Stiegenhaus ist ebenso verfallen, wie der Festsaal über der ovalen Torhalle und die übrigen ehemaligen Repräsentationsräume im ersten Stock. Alles noch Brauchbare wurde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg entwendet oder mutwillig zerstört. Vor der Ostseite des Schlosses liegt die überraschend große, dreischiffige Schlosskapelle mit ihrem romanischen Turm. Er weist typische Doppelrundbogenfenster mit Würfelkapitelen auf. Im spätgotischen Chor haben sich Reste eines bemalten Sakramentshäuschen erhalten. Die einst im Kapellenschiff zahlreich vorhandenen Wappengrabsteine der Pottendorfer und Zinzendorfer aus rotem Marmor wurden – sofern sie nicht bereits zuvor zerstört worden waren – vom Bundesdenkmalamt in Sicherheit gebracht. Die innen und außen angebrachten Fresken vom Ende des 15. Jh. (Christophorus, Ölberg, Pieta, Kreuzigung) sind kaum mehr erkennbar. Schloss und Kapelle sind von einem verwilderten, ca. 21 ha großen Park umgeben. Er wurde zu Beginn des 19. Jh. als Landschaftsgarten angelegt, geht aber auf eine barocke Gartenanlage zurück, die um 1750 fertiggestellt wurde. Die Umfassungsmauern des Parks sind zum Teil erhalten. Im Nordwesten bildet ein von Bäumen flankierter Wassergraben die Begrenzung der Anlage.
Lage: Niederösterreich/Steinfeld – ca. 15 km nordöstlich von Wiener Neustadt am Rande des gleichnamigen Ortes Besichtigung: Da die Wassergräben, die die Ruine umgeben, keine Brücken mehr aufweisen, ist die günstigste Zeit für eine Besichtigung der Winter, wenn die Gräben zugefroren sind.
Aktuelle Schilderung
Brief von Laszlo Berényi vom 10.6.1991
“Während der Fahrt habe ich mir Pottendorf angesehen, wo ich seinerzeit so viele schöne Tage verbringen durfte. Hätte ich dies lieber nicht getan! Das Schlossdach ist bis zum Keller eingebrochen. Zwar stehen noch zwei Türme aus mittelalterlicher Zeit, aber wie lange noch? Die schöne, ursprünglich gotische Kapelle, die sich noch vor zehn Jahren in verhältnismäßig gutem Zustand befand, wird ohne Dach allmählich zur Ruine. Die Gruft ist aufgebrochen und voller Unrat. Verschwunden ist der Hauptaltar und die schönen Nadasdy’schen Grabsteine. Der Park ist undurchdringlicher Urwald. Das Gestrüpp hat die Reste des Gebäudes so überwuchert, dass man die Trümmer kaum mehr erkennen kann. Es ist schrecklich, eine solche Zerstörung mitanzusehen."
Nachtrag
Zitat aus der September 2006 Ausgabe der Monatsrevue
Nach einigen Monaten intensiver Gespräche mit dem bevollmächtigten Vertreter der Eigentümerin Katalin Landon, geb. Esterhazy, Graf Alfons Mensdorff-Pouilly, wurde am Nachmittag des 4. September 2006 jene Einigung erzielt, die dem Gemeinderat wenige Stunden später zur Kenntnis gebracht wurde. ... Die ARGE-Heimatforschung und Heimat-pflege meinte in der ersten Stellungnahme: „Wir stehen dem Ankauf des Schlossareals äußerst positiv gegenüber. Besonders freut uns die Erhaltung der „grünen Lunge“ mitten im verbauten Ortsgebiet. Wir sehen jetzt eine Chance, die gotische Schlosskapelle und die alten Türme zu erhalten. Wir möchten die Planung gerne in diese Richtung verwirklicht sehen und in die Entscheidungsfindung und Planung eingebunden werden.“
Nachtrag
Zitat aus "Der Kurier", 8. Mai 2009:
Die Rettung des Pottendorfer Schlossparks nimmt erstmals konkrete Formen an. Zum einen führt die Gemeinde sukzessive Renaturierungsmaßnahmen durch, um das 21 Hektar große Naturdenkmal in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Zum anderen dokumentiert das Bundesdenkmalamt die bauliche Entwicklung des ehemaligen Esterhazy-Lustschlosses. Mit einem klaren Ziel: Die Kapelle und die beiden Türme sollen revitalisiert und die Überreste des einst stolzen Schlosses zumindest konserviert werden. Dafür stellt das Bundesdenkmalamt nun sogar ein Sonderbudget in Aussicht.
Weitere Literatur
- Burgen und Schlösser zwischen Baden, Gutenstein und Wr. Neustadt - Felix Halmer - 1968
- Knaurs Kulturführer Österreich - 1977
- Kunst im Lande rings um Wien - Franz Eppel - 1977
- Österreichisches Burgenlexikon - Georg Clam Martinic - 1992
- Von Burg zu Burg in Österreich - Gerhard Stenzel - 1973