Gedanken von Moritz Graf Esterházy: Unterschied zwischen den Versionen

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Den folgenden Artikel schrieb [[Graf Moritz Esterházy]], Großvater von [[Graf Péter Esterházy]], Ostern 1959, ein Jahr vor seinem Tod, im Wiener Exil nieder.  
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Folgendes schrieb [[Graf Moritz Esterházy]] zu Ostern 1959 (ein Jahr vor seinem Tod) im Wiener Exil bei seinem Cousin Paul Esterházy (Bruder von Kasimir, Linie Altsohl).Moritz ist Großvater des Schriftstellers [[Graf Péter Esterházy]]. Er war der letzte von Kaiser und König Karl berufene Ministerpräsident Ungarns. Neben Enteignung und Deportation musste er zum Ende seines Lebens, bis auf seine Tochter, seine gesamte Familie in Ungarn zurücklassen.
  
 
== Gedanken von Moritz Graf Esterházy ==                                                       
 
== Gedanken von Moritz Graf Esterházy ==                                                       
 
Einige Gedanken, so gut oder so schlecht mir dies infolge mangelhafter Beherrschung der Sprache möglich, zu Papier gebracht. Hoffe, wenn auch von einigen missverstanden, doch wenigstens verstanden zu werden.  
 
Einige Gedanken, so gut oder so schlecht mir dies infolge mangelhafter Beherrschung der Sprache möglich, zu Papier gebracht. Hoffe, wenn auch von einigen missverstanden, doch wenigstens verstanden zu werden.  
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Bald kamen tragische, grauenhafte Zeiten, und so manches verschwand in einer Weise und in einem Ausmaße, wie wir dies am Derbytag 1909 nicht erträumt hätten. Anderseits entstand hier und auch anderwärts im engsten Sinne des Wortes:" Noch nie Dagewesenes", nicht nur politisch, sozial, sondern auch wirtschaftlich und technisch.  
 
Bald kamen tragische, grauenhafte Zeiten, und so manches verschwand in einer Weise und in einem Ausmaße, wie wir dies am Derbytag 1909 nicht erträumt hätten. Anderseits entstand hier und auch anderwärts im engsten Sinne des Wortes:" Noch nie Dagewesenes", nicht nur politisch, sozial, sondern auch wirtschaftlich und technisch.  
  
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Drittens: laut Familienchronic "Tropheum Domus" 1701, reicht unsere Ahnenreihe nachweisbar noch weiter als Esther, bis zu dem weltberühmten jüdischen Navigator und Züchter pazifistischer Taubenart, namens Noah. Der Freiheit daher total unwürdig, wurde ich "Sitzen" gelassen, der Obhut der schützenden Haft - anvertraut.  
 
Drittens: laut Familienchronic "Tropheum Domus" 1701, reicht unsere Ahnenreihe nachweisbar noch weiter als Esther, bis zu dem weltberühmten jüdischen Navigator und Züchter pazifistischer Taubenart, namens Noah. Der Freiheit daher total unwürdig, wurde ich "Sitzen" gelassen, der Obhut der schützenden Haft - anvertraut.  
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Namen, deren historischer Glanz weder die Sonne der Aufklärung gebleicht hat, noch vom Strom der Zeit weggeschwemmt wurden, eigenen sich vorzüglich, die Namen derjenigen bekannt zu machen, denen dies durch abfällige Kritik und Herabsetzung der ersteren gelingt.  
 
Namen, deren historischer Glanz weder die Sonne der Aufklärung gebleicht hat, noch vom Strom der Zeit weggeschwemmt wurden, eigenen sich vorzüglich, die Namen derjenigen bekannt zu machen, denen dies durch abfällige Kritik und Herabsetzung der ersteren gelingt.  
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Und umgekehrt: trotz mancher Änderung in der Struktur der Gesellschaft, trotzdem heute ein Adelsbrief allein nicht mehr ein Dauervisum zum Grenzübertritt in die "gute Gesellschaft" bedeutet - und vielleicht eben deshalb - kann ein jeder durch Arbeit und Fleiß mehr als jemals zur Geltung gelangen und maßgebende Rollen im öffentlichen kulturellen, wirtschaftlichen Leben spielen, indem er seine Befähigungen, Kenntnisse, Wissen und - wenn er sie hat - Tradition beispielgebend, selbstlos in den Dienst seines Vaterlandes stellt.
 
  
Ein jeder von uns bekam einen leeren Rahmen mit auf's Leben, aber das Bild dazu muß er selber malen. Möglich, daß der eine in dem ihm zugefallenen Rahmen - ein Prachtstück mittelalterlicher Kunstschnitzerei - eine futuristische Skizze entwirft, der andere in einem sezessionistischen, modernen ein Gemälde barocker Art zustande bringt. Keines der beiden passt zu seinem Rahmen, aber meiner Ansicht nach, ist dies immer noch besser, als wenn jemand in den prunkvollsten, noch leeren Rahmen einen Spiegel montiert und selbstbefriedigt, gesättigt an den moralischen oder materiellen Erfolgen seiner Vorgänger - in Ermangelung anderer - als Narzissus der Neuzeit sich selbst darin tatenlos bewundert. Dieser ist und bleibt eine Null, die aber den Wert vorangehender Zahlen nicht erhöht, sondern denselben vermindert und erniedrigt.
 
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Rennweg 2, Ostern . 59.
 
Rennweg 2, Ostern . 59.

Aktuelle Version vom 16. März 2015, 20:48 Uhr

Einleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Folgendes schrieb Graf Moritz Esterházy zu Ostern 1959 (ein Jahr vor seinem Tod) im Wiener Exil bei seinem Cousin Paul Esterházy (Bruder von Kasimir, Linie Altsohl).Moritz ist Großvater des Schriftstellers Graf Péter Esterházy. Er war der letzte von Kaiser und König Karl berufene Ministerpräsident Ungarns. Neben Enteignung und Deportation musste er zum Ende seines Lebens, bis auf seine Tochter, seine gesamte Familie in Ungarn zurücklassen.

Gedanken von Moritz Graf Esterházy[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einige Gedanken, so gut oder so schlecht mir dies infolge mangelhafter Beherrschung der Sprache möglich, zu Papier gebracht. Hoffe, wenn auch von einigen missverstanden, doch wenigstens verstanden zu werden.

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Bald kamen tragische, grauenhafte Zeiten, und so manches verschwand in einer Weise und in einem Ausmaße, wie wir dies am Derbytag 1909 nicht erträumt hätten. Anderseits entstand hier und auch anderwärts im engsten Sinne des Wortes:" Noch nie Dagewesenes", nicht nur politisch, sozial, sondern auch wirtschaftlich und technisch.

Auch ich wurde zur Änderung meines Berufes und Aufenthaltsortes veranlasst. Unter anderem bekam ich eines Tages als Quartier einen engen, unterirdischen, jedoch grell beleuchteten Raum zugewiesen, inclusive Pritsche und Essschale, auch Schloß und Riegel fehlten nicht. Das ewige Licht der unerbitterlichen Birne gab mir genügend Gelegenheit zu raten, ob es nun Tag oder Nacht sei, im Freien Regen oder Sonnenschein? Da Waschgelegenheiten allerdings genügend vorhanden, wurde ich - wie es der Engländer so treffend sagt "brain washing" unterzogen. Es wurde mir klar gemacht, warum, weshalb ich 30 Stufen unter der Erde, in einer Betonkammer verwahrt war.

Erstens: adelig geboren, daher mit der doppelten Dosis der Erbsünde belastet, nicht gewillt an der Verwirklichung der vom Führer angekündigten tausendjährigen Zukunft, einer mir fremden Macht mitzuwirken, ein Sprosse derer, die bei der "Erbeutung der Handschuhe von Sanssoucie" mitkämpften.

Zweitens: dem Namen nach äußerst verdächtig, von der Königin und mutmaßlichen Schriftstellerin Eszther abzustammen, in deren Buch sowohl das wohlverdiente, tragische Ende Amans - der ja alle Juden an ein und demselben Tag erwürgen lassen wollte - wie auch die Abschrift der glücklicherweise nicht verwechselten Briefe Ashverus zu lesen sind.

Drittens: laut Familienchronic "Tropheum Domus" 1701, reicht unsere Ahnenreihe nachweisbar noch weiter als Esther, bis zu dem weltberühmten jüdischen Navigator und Züchter pazifistischer Taubenart, namens Noah. Der Freiheit daher total unwürdig, wurde ich "Sitzen" gelassen, der Obhut der schützenden Haft - anvertraut.

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Namen, deren historischer Glanz weder die Sonne der Aufklärung gebleicht hat, noch vom Strom der Zeit weggeschwemmt wurden, eigenen sich vorzüglich, die Namen derjenigen bekannt zu machen, denen dies durch abfällige Kritik und Herabsetzung der ersteren gelingt.

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Rennweg 2, Ostern . 59.